Leben in Südamerika -Leben mit Herausforderungen

Straßenkinder

Wer denkt bei Lateinamerika nicht zuerst an Tango in Buenos Aires, Machu Picchu in Peru, Cartagena in Kolumbien und an die Karibik in ihrer ganzen Schönheit? Es ist ein Kontinent, der jährlich Millionen von Touristen anzieht und durch seine Größe und Exotik beeindruckt.

Im Gegensatz dazu steht das Gesicht Lateinamerikas, das der normale Tourist oft nicht zu sehen bekommt:

Hunderttausende leben nach wie vor von der Hand in den Mund; „al día“ nennt man das hier. Wer heute nicht arbeiten geht, hat morgen nichts zu essen. Wer genau hinschaut, sieht überall gehetzte Gesichter auf der Suche nach Möglichkeiten, etwas zu verdienen, was das Überleben der Familie sichern kann. Viele haben sich in die großen Städte geflüchtet, leben in Hütten am Stadtrand und schaffen es so, zu überleben und ihre Kinder groß zu ziehen. Ändert sich jedoch nur ein kleines Detail im Gefüge, bricht oft alles zusammen: Die Krankheit eines Familienangehörigen, die verlorene Arbeitsstelle, die Erhöhung der Miete, die ungewollte Geburt eines weiteren Kindes. Hinzukommt die politische Instabilität. Wochenlange Streiks – wie kürzlich in Bolivien – verhindern ebenso ein Einkommen für Familien wie die gewaltsamen Proteste in Ecuador. In Zeiten des Coronavirus und von Ausgangssperren im ganzen Land bricht das empfindliche System völlig zusammen.

Die Frage der Gesundheit bekommt plötzlich eine ganz andere Bedeutung:

Ohne Finanzen nützt Gesundheit nichts. Zu viele werden so von einer existentiellen Herausforderung in die nächste Überforderung geworfen und sehen oft keine andere Lösung, als ihre Kinder auszusetzen, für Dienstleistungen und billige Arbeit zu verkaufen oder ganz sich selbst überlassen. Fast täglich bekommen wir in unseren Transformatorenhäusern Anrufe der Behörden, ob wir ein Kind aufnehmen könnten. Die Schicksale sind alle schrecklich. Schon mit 6 oder 7 Jahren haben die Kinder fast alles erlebt, was man an Gewalt, Missbrauch, Drogen und Zerstörung erfahren kann. Viele haben noch nie die Schule besucht. Sie wissen nicht, wofür man Messer und Gabel gebrauchen könnte oder dass es auch andere Arten der Konfliktlösung gibt, als sich zu prügeln.

Um wirklich im Leben dieser Kinder helfen und Veränderung in Gang setzen zu können, braucht es eine Transformation des Charakters, und das wiederum erfordert Hingabe, Zeit und Eingreifen Gottes. Manchmal hat man bei all diesen Herausforderungen das Gefühl, dass alles, was man tut, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, aber wenn man dann in die Gesichter der Kinder schaut, kann man sehen, welchen Unterschied es macht, dass Kinder ein neues Zuhause bekamen und liebevoll umsorgt werden. Es lohnt sich, die Herausforderungen jeden Tag neu anzunehmen, denn eins steht fest: Gott hört das Schreien der Kinder und der Familien, und er schickt eine Antwort – DICH.