Den Schrei nach Hilfe hören

Paten & Spender

Interview mit Gründer Jobst Bittner

Jobst Bittner und seine Frau Charlotte sind die Gründer von TOS Dienste International e.V.. Im Interview blickt Jobst zurück und erzählt, warum er das Hilfswerk ins Leben rief, und welche Vision ihn seit mehr als 25 Jahren motiviert, Häuser für Straßenkinder und Rehabilitationszentren für Drogenabhängige aufzubauen.

TDI: Jobst, was hat dich und deine Frau Charlotte bewegt, 1999 ein internationales Hilfswerk ins Leben zu rufen?

Jobst: Wir wurden Anfang der 1990er Jahre sehr stark von der Barmherzigkeit Gottes bewegt. Deswegen zogen wir uns 1997 mit einigen anderen Leitern der Gemeinde für zwei Wochen nach Minsk zurück, um uns mit der Frage zu beschäftigen, wie das praktische Form annehmen könnte. Daraus erwuchs der Auftrag, eine Rehabilitationsarbeit für Drogenabhängige in Weißrussland aufzubauen und gleichzeitig in Lateinamerika mit Straßenkindern zu arbeiten. Ein weiterer wichtiger Auslöser war eine Konferenz in Leipzig mit Jackie Pullinger, in der sie fragte: „Bist du bereit, den Schrei der Verlorenen und Zerbrochenen auf der Straße zu hören?“ Etwa ein Jahr später entstand in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires die Vision, in jedem Land Lateinamerikas ein Transformatorenhaus zu gründen, um Straßenkindern ein Zuhause zu geben.

 

TDI: Wie würdest du eure Motivation für TOS Dienste International e.V. beschreiben?

Jobst: In Markus 10,46 wird berichtet, wie in Jericho der Bettler Bartimäus nach Jesus schreit und dieser dann bei ihm stehenbleibt. Hier wird deutlich: Gott hört das Schreien der Zerbrochnen und Verlorenen. Seine Antwort sind immer Menschen, die diesen Ruf hören, und die bereit sind, sich von ihm senden zu lassen. Das sind die Mitarbeiter, die lokal, national und international arbeiten, damit Menschen ganzheitlich geheilt und in das Bild Christi wiederhergestellt werden (Apg. 1,8 und Matth. 28).

TDI: "Hat sich die Vision im Vergleich zu damals weiterentwickelt?"

Jobst: Ja, wir empfanden, dass wir neben dem Angebot von Drogenrehabilitation und Häusern für Straßenkinder auch Gemeinden gründen sollten. So haben wir parallel zu den sozialen Arbeiten unabhängige christliche Gemeinden an sozialen Brennpunkten gegründet.

 

TDI: In welchem Land seid ihr als erstes aktiv geworden? Und wie war es damals?

Jobst: Wir sind zuerst in Weißrussland aktiv geworden. Ärzte und öffentliche Vertreter der Stadt Svetlagorsk – ca. 200 km südlich von Minsk – hatten uns offiziell eingeladen, dort mit Drogenabhängigen zu arbeiten. Daraufhin zog das Ehepaar Schoone mit ihrer Familie und einem Team von Deutschland dorthin. Innerhalb kurzer Zeit nahmen sie die ersten Drogensüchtigen bei sich auf, die Jesus in ihr Leben aufnahmen und frei von ihren Drogen wurden. Das war der Start der Rehabilitationsarbeit. Heute befindet sich das Rehazentrum in Ostrovcizi in einem umgebauten ehemaligen Schulgebäude und ist eine der erfolgreichsten Drogenrehabilitationen in Weißrussland.

 

TDI: An welche Situation aus der Geschichte von TOS Dienste International e.V. erinnerst du dich besonders?

Jobst: Jedes Land und jeder Arbeitsbereich hat eine große Zahl an Erinnerungen und Geschichten. Besonderen Wert haben für mich aber die vielen kleinen Entscheidungen der Mitarbeiter, die bereit waren, ihr Leben, ihre Zeit und ihre Hingabe in Menschen zu investieren und für sie da zu sein. Eine solche Entscheidung war z.B. die des heutigen Direktors in Lateinamerika, Ruben Gutknecht: Er war als junger Mann in Buenos Aires bereit, sich als Mitarbeiter senden zu lassen und Verantwortung zu übernehmen. Ohne ihn hätten wir die Dienste in Lateinamerika sicherlich nicht so aufbauen können.

 

TDI: Du besuchst regelmäßig die unterschiedlichen Projekte vor Ort. Was hat dich dort bei den Mitarbeitern am meisten beeindruckt?

Jobst: Inzwischen gibt es mehr einheimische Mitarbeiter als von Europa aus entsandte. Mich beeindruckt bei ihnen besonders ihre langfristige Hingabe und Beharrlichkeit, mit der sie sich an die Straßenkinder oder auch an die Menschen in der Drogenarbeit hingeben. Es ist ihre Treue im Alltag und ihre Liebe, die den Unterschied macht.

 

TDI: Bei deinen Besuchen vor Ort lernst du auch die Kinder und Drogenrehabilitanden kennen. Was hat dich dabei am meisten berührt?

Jobst: Wer die Liebe und Barmherzigkeit Gottes zu Menschen tragen will, die zerbrochen sind und Hilfe brauchen, der weiß, dass das keine emotionale Frage ist. Es ist vielmehr eine nüchterne Entscheidung. Umso größer ist später die Freude, die zahlreichen Geschichten von Menschen zu hören, deren Leben sich durch die Liebe Gottes und die Hingabe der Mitarbeiter verändert hat. Ehemalige Prostituierte, Drogenabhängige, Kriminelle und Straßenkinder wären ohne jede Chance und vielleicht sogar dem Tod geweiht gewesen. Und jetzt sind sie strahlende Kinder Gottes, die in der Schule ausgebildet wurden, studiert haben und wiederum an andere weitergeben können, was sie verändert hat. Das ist die Vision: dass Menschen von der Straße gerettet und zu künftigen Pastoren, Leitern und Geschäftsleuten werden, die ihre Gesellschaft von innen heraus verändern.


TDI: TOS Dienste International e.V. haben mittlerweile Kitas, Präventionsprojekte, Transformatorenhäuser und Drogenrehabilitationsprojekte aufgebaut, die sich auf insgesamt sieben Länder verteilen. Was kommt als nächstes?

Jobst: Wir sind momentan dabei, in einer Metropole an der Ostküste Brasiliens, in der Großstadt Recife, einen Dienst unter Straßenkindern aufzubauen. Recife ist bekannt für seine hohe Kriminalitätsrate und ca.10.000 Straßenkinder.

 

TDI: Die Arbeit wird von privaten Spendern finanziert. Was, findest du, sollten Spender und Paten wissen?

Jobst: Zu allererst bedanke ich mich bei jedem einzelnen Spender und Unterstützer. Durch sie wird der Dienst an Straßenkindern und Drogenabhängigen überhaupt erst möglich gemacht. Jede finanzielle Investition ist eine Investition, die sich nicht nur lohnt, sondern die Leben rettet und verändert. Die Spenden werden direkt verwendet und nur der kleinstmögliche Anteil für die Verwaltung aufgewendet. Ich bedanke mich für jede Investition ganz herzlich.

TDI: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Tina Pompe.

 

Die gesamte Ausgabe der neuen Friends Edition dem Magazin für Freunde der TOS Dienste International e.V. finden Sie hier.