Seit 2 Jahrzehnten in Lateinamerika

Peru

Unsere Mitarbeiterin Regine Dewald lebt seit einigen Jahren in Lima, Peru. In einem Interview hat sie etwas über die Verhältnisse vor Ort erzählt.

TDI: Wie lange lebst du mittlerweile in Lima, Peru?

Regine: Seit 20 Jahren.

TDI: Wie kam es dazu, dass ihr euch als Familie entschieden habt, nach Peru zu ziehen?

Regine: Als mein Mann und ich geheiratet haben, wussten wir, dass wir unser Leben für Gott und die Mission leben wollten. Dafür haben wir sogar eine Missionsschule gemacht. Dann aber kamen Studium, Arbeit und das erste Kind. Dadurch rückten die Pläne auszureisen mehr in den Hinterkopf und wir führten ein ganz normales Leben. Trotzdem lag es uns schon immer auf dem Herzen in die Mission zu gehen. So haben wir uns entschieden unser Leben in Deutschland und unser frisch gebautes Haus hinter uns zu lassen, um in Kinder in Not zu investieren. Im November 2002 sind wir mit unseren vier Kindern ausgereist.

TDI: Als ihr angefangen habt in La Victoria zu arbeiten, wie war dort die Atmosphäre?

Regine: Es war verwahrlost; Überfälle, Raub, Banden, Drogen und Prostitution waren an der Tagesordnung. Viele Kinder waren einfach auf der Straße. Die Atmosphäre war unsicher. Man konnte spüren, dass in jedem Augenblick ein Überfall passieren kann. Ich habe selbst schon Überfälle gesehen. In kürzester Zeit kommen circa fünf Jugendliche, drehen eine Person um, um alle Wertsachen aus den Taschen zu schütteln. Sie nehmen alles ab, manchmal sogar Kleidung.

TDI: Wie hat sich das bis heute verändert?

Regine: Zwar gibt es noch Diebstahl und Überfälle, aber es hat sich verbessert. Der Stadtteil war sehr chaotisch und dreckig, aber jetzt wurde eine größere Straße saniert, auf dieser jetzt Autos fahren. Es gibt eine Hochbahnanbindung, Grünstreifen und sogar Sicherheitsmänner. Dadurch gibt es etwas mehr Ordnung und Sicherheit im Viertel.

TDI: Aus welchen Verhältnissen stammen die Kinder im Viertel?

Regine: Die Kinder im Viertel wachsen damit auf, dass sie keine Schulausbildung machen, weil ihnen das Geld für Schuluniformen und Materialien fehlt. Auch reicht ihre Arbeit oft nicht, um satt zu werden. Deswegen brechen sie ab, rutschen ins Drogenmilieu ab, werden früh schwanger und haben keine Zukunftsaussichten. Sie leben auf der Straße, entweder weil sie keine Eltern mehr haben, im Stich gelassen wurden, oder ihre Eltern sich nicht um sie gekümmert, sondern nur gearbeitet haben. Viele halten sich durch Überfälle über Wasser und schnüffeln Klebstoff.

Deshalb machen wir auch Präventionsprogramme im Armenviertel, damit sie Anderes erleben können. Sie werden gefördert, bekommen einen Sinn, entdecken Begabungen, wie zum Beispiel musikalische Talente. Eine junge Frau aus dem Viertel konnte dadurch, als eine der wenigen Mädchen ihrer Klasse, die Schule und ihr Studium erfolgreich abschließen. Mittlerweile arbeitet sie selbst im Transformatorenhaus und im Präventionsprogramm mit.

TDI: Wie ist es mit den Kindern im Transformatorenhaus?

Regine: Die Kinder kommen über das „ministerio de la mujer y populación vulnerable“ (=spanisch für Ministerium für Frauen und verletzbare (also sozialschwache) Bevölkerung. Oft sind Vater oder Mutter abgehauen, sie leben allein auf der Straße, sind verwahrlost und man versucht sie auf die, noch bestehenden, Waisenhäuser zu verteilen.

TDI: Was braucht ein Kind, um als Erwachsener auf eigenen Beinen stehen zu können?

Regine: Außerhalb von einem Dach übern Kopf und Ernährung, ist eine abgeschlossene Schulausbildung wichtig. Damit haben sie eine Chance auf einen Beruf mit Zukunftsperspektive und Sicherheit. Wir unterstützen sie bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit, damit sie auch in der Lage sind die Schule abzuschließen. Die meisten Kinder möchten in die Schule gehen und studieren. Ihnen gefällt es, weil sie mit anderen Kindern zusammen sein können, Kind sein dürfen statt arbeiten zu müssen.

TDI: Wie sind die Verhältnisse für Kinder, wie die, die ihr aufgenommen habt ansonsten in Lima?

Regine: Oft heftig, unter den Kindern wird eine Rangordnung aufgebaut. Ein Neuling muss Aufgaben erfüllen, um von den anderen akzeptiert zu werden. Neben Mobbing gibt es auch häufig sexuellen Missbrauch.

Dass die Investition in die Kinder sich lohnt, können Sie in der aktuellen Friends Edition nachlesen.

Mehr Informationen über die Projekte in Lima, Peru finden Sie hier.